Yvonne Muller

29 July 2006

Juli 2006

Wenn ich von Deutschland aus den Newsletter geschrieben hätte, gäbe es vom vergangenen Monat wohl nur ein Thema: Fussball! Die Euphorie schwappte sogar bis nach Kerala herüber und die Hotels boten spezielle Buffets an mit Live-Spielen auf Grossleinwänden. Ich drückte unserer Mannschaft natürlich die Daumen und bin zum Teil sogar extra um Mitternacht aufgestanden. Doch als die Schweizer Nati gegen die Ukraine verlor, war die Luft raus und ich begnügte mich mit dem Finale. Die Resultate und Berichte wichen auch in den Zeitungen bald von den Frontseiten auf die normalen Sportseiten und so nahm das Leben hier seinen normalen Lauf, auch wenn ganz Deutschland völlig aus dem Häuschen war. Deshalb haken wir das Thema ab und kommen zum indischen Alltag. Da war viel los und spannend wars auch – bis zum Ende des Monats.

Kaum waren die Handwerker weg und der Alltag pendelte sich langsam ein, trudelten wieder Einladungen zu gesellschaftlichen Anlässen ein. Wir sind zwar noch im Trauerjahr, aber da hier Hochzeiten keine grossen Parties bedeuten, darf ich trotzdem überall dabei sein und es gibt für mich kaum Restriktionen. So waren Valsala und ich zu einem Hochzeitsempfang in Varkala. Der jüngere Bruder vom Boss unserer Malertruppe kam extra aus Dubai (er arbeitet dort als Gastarbeiter), um zu Hause zu heiraten. Innert 4 Wochen wurde eine passende Frau gesucht und gefunden, die Mitgift ausgehandelt, das Horoskop beim Astrologen verglichen und nach dem Okay das Fest vorbereitet. Nach der Hochzeitsnacht gings praktisch wieder zurück an die Arbeit – mit der Hoffnung, dass sich nach 9 Monaten Nachwuchs einstellt. Das Los vieler Frauen hier in Kerala.

Ein weiterer Höhepunkt im dörflichen Alltag war der 11. Geburtstag von Susmi, unserem Nachbarmädchen. Wir haben einen sehr schönen Kontakt zu dieser Muslimfamilie. Salina, die Mutter, ist die beste Freundin von Valsala und sie hat uns schon viele Tipps gegeben, damit wir uns im Quartier zurecht finden und die beiden gehen auch oft zusammen auf den Markt. Die beiden Mädchen Susmi und Jasmin sind für Savitha wie zwei jüngere Schwestern. Sie machen zusammen Hausaufgaben, spielen und Savitha schaut zu ihnen, wenn die Mutter grad nicht zu Hause ist. Zur Geburtstagsfeier brachten wir einen Kuchen mit, der nicht nur uns schmeckte, sondern gleich ganzen Schwärmen von Fliegen, die sich darauf stürzten. Da gerade Stromausfall war, konnten wir sie nicht mit dem Ventilator vertreiben, doch die Leute wissen sich auch ohne Strom zu helfen. Schnell eine alte Zeitung über die farbige Butter-Crème-Dekoration und das Problem war gelöst. Der Mann arbeitete im Golf, musste seine Arbeit aber wegen einer Rückenoperation aufgeben und so wohnt die Familie immer noch im Rohbau, weil das Geld fehlt, um es fertig zu stellen. Alles ist grau in grau und sie leben zwischen unverputzten Betonwänden, -böden und –decken. Für sie ist es normal, ich bekäme Depressionen. Da hatte ich mich wegen Kleinigkeiten in meinem Häuschen aufgeregt, wenn nicht alles perfekt war, aber die Leute hier sehen das in ganz anderen Dimensionen.

Den ersten offiziellen Besuch bekamen wir von unserer früheren Nachbarin Mani. Das war mit Sicherheit IHR grosses Highlight in diesem Jahr und auch die längste Reise (40 Km) seit Jahren. Sie verlässt sonst kaum ihr Haus und schon gar nicht ihr Quartier. Obwohl sie in Varkala aufwuchs, hatte sie erst mit uns zum ersten Mal das Meer gesehen – mit 40 Jahren! Sie freute sich riesig, uns zu sehen, da wir ihr zu Hause als Nachbarn sehr fehlen. Es sei still geworden um die Villa Deepam, doch über Shaji-Driver, der noch als Watchman im Haus übernachtet, ist sie informiert, was bei uns läuft. Doch sie freute sich mit uns, dass es uns hier so gut geht und verstand natürlich auch unsere Entscheidung.

Nach der ganzen Aufregung wegen dem Umzug, den Handwerkern und bis alles fix fertig eingerichtet war, lag mir nur noch ein Problem auf dem Magen: Die Operation unseres Rüden Jacky. Er war jetzt jährig und da bei Bina, der Hündin, eine Woche davor die erste Blutung einsetzte, war es allerhöchste Zeit, Jacky kastrieren zu lassen. Ich bekam einen Termin auf 10.00 Uhr beim Veterinär und alles war für den Transport vorbereitet. Morgens um 07.00 Uhr rief Valsala mich aufgeregt vom Lauftraining weg und was sahen wir da auf dem Vorplatz? Jacky hatte Bina bestiegen! Musste das sein??? Drei Stunden vor der Operation wollte er es anscheinend noch wissen und ergriff die letzte Gelegenheit. Na ja, jetzt wars schon passiert und so bekam Bina ein Abtreibungsmittel verabreicht, welches sie mit Wonne mit der Milch aufschlabberte, so dass wir darauf hoffen können, dass sie keine Babies austragen wird. Jacky hat die Operation gut überstanden und am nächsten Tag wollte er schon wieder auf Bina klettern. Doch sie hatte genug und wimmelte ihn ab. Jetzt haben wir Ruhe und im November, wenn Bina jährig ist, wird auch sie operiert.

Wir hatten im Geethanjali gerade keine Gäste und deshalb beschlossen Gopikas, den Angestellten noch ein paar Tage frei zu geben, bevor die neue Saison beginnt. Die Familie fuhr nach Guruvayoor, um im berühmten Tempel dort den Göttern zu danken, dass ihr Sohn Kunjunni nach dem 10. Schuljahr in der besten Schule von Trivandrum aufgenommen wurde und baten um den Beistand der Götter für eine gute und erfolgreiche Saison. Ich schloss mich der „Pilgertruppe“ an und wir besuchten auf dem Weg den Amma-Ashram in Quilon. Eine frühere Studienkollegin von Dr. Gopika wohnt und arbeitet seit 18 Jahren im Ashram und führte uns durch die Anlage. Nicht unbedingt meine Welt... All die vielen in weiss gewandeten EuropäerInnen sahen bleich, fast schon kränklich und zum Teil etwas weg getreten aus. Viele ziehen sich hierher zurück, um zu sich selbst oder ihr inneres Glück zu finden. Hier fühlen sie sich verstanden, aufgehoben und geborgen und sind Lichtjahre von den weltlichen Problemen entfernt. Ich hatte vor Jahren den Ashram aus Neugierde mit meiner Freundin aus der Schweiz besucht und damals trugen wir extra bunte Churydars, um uns von der üblichen weissen Churydars, Saris und Schlabbersachen abzuheben. Damals sahen wir uns die Unterkünfte an, die Yogahalle und den Meditationsraum, wo das Essen ausgegeben wird, den Pool, die Büros, den kleinen Shop und andere Räume, wo sich die Leute den ganzen Tag aufhalten. Dieses Mal zeigte man uns das Elternhaus von Amma, den kleinen Schrein, wo sie zum ersten Mal jemanden geheilt hat, den Saal, wo sie ihre Anhänger umarmt und segnet und das Heiligtum, welches nur sehr selten geöffnet wird. Amma stammt aus einer armen Fischerfamilie und hatte schon als junges Mädchen die Gabe, Leute zu heilen. Sie tut viel Gutes für die Armen, ist aber kaum mehr im Ashram, da sie die ganze Welt bereist.

In Cochin seilte ich mich von der Pilgergruppe ab und tauchte ein in eine aufregende westliche Welt – mitten in Indien. Die Gegensätze hätten nicht krasser sein können. Ich war bei Daniela eingeladen und so verbrachten wir ein tolles Wochenende zusammen. Da ihr Mann als General Manager im Hotel Le Meridien arbeitet, durften wir uns im Restaurant verwöhnen lassen und ich genoss unter all den kulinarischen Köstlichkeiten ein herrliches Wienerschnitzel. Original zubereitet vom deutschen Küchenchef, der gerade dort weilte. Wir machten ausgedehnte Shopping-Touren durch Ernakulam und Daniela kennt alle angesagtesten Boutiquen und Geschäfte und ich kam aus dem Staunen kaum mehr heraus. Trivandrum ist zwar auch eine Millionenstadt, aber hier in Cochin gibt es modisch so vieles, von dem wir in Trivandrum nicht einmal träumen! Daniela verwöhnte mich auch zu Hause und am Samstag abend trommelte sie ihre besten Freunde aus dem Quartier zusammen für eine kleine private Party. Da habe ich gesehen, wie indiengeprägt ich bereits bin und es war für mich absolut exotisch zu erleben, wie sich hier die indischen Frauen völlig locker mit den Männern unterhalten, schäkern und zusammen sitzen. Und die Frauen tranken ganz selbstverständlich Alkohol. Ein Bild das ich überhaupt nicht kenne. Sonst sitzen die Frauen immer separat und es werden die üblichen Frauenthemen besprochen, während sie an einem Tee oder Softdrink nippen. Die Männer sitzen oder stehen in einer anderen Ecke beisammen, rauchen und trinken Alkohol. Das hier war eine völlig andere Welt – wie in Europa. Da bin ich mir schon fast als Landpomeranze vorgekommen. Ich habe das Wochenende extrem genossen und es war herrlich, wieder mal in die westliche Welt einzutauchen, obwohl ich dann auch gerne wieder ins dörfliche überschaubare indische Leben zurück ging. Aber so soll es ja auch sein. Gopikas haben mich auf der Rückfahrt wieder vor dem 5-Sterne Hotel aufgegabelt und auf dem Weg nach Hause ging es wieder sehr indisch zu und her...

Jetzt wo alles bei uns zu Hause fertig eingerichtet war, trudelten die ersten Besuche ein und alle wollten unser Haus besichtigen. Die grösste „Party“ hatten wir mit allen Angestellten vom Geethanjali – hei das war ein Weiberkränzlein! Es ist lustig, wie sich die indischen und die europäischen Besuche unterschreiden. Die Inder besichtigen das Haus und danach zieht es sie gleich wieder hinunter in die Nähe der Küche zu Valsala. Wir sassen alle um den Esstisch herum und wer keinen Platz fand, machte es sich mit Tee und Kuchen auf der Treppe bequem. Die Europäer hingegen sitzen gerne auf der Dachterrasse, wo es viel gemütlicher ist. Und noch etwas: Meine „Empfangshalle“ mit den Marmorbänken sieht jetzt zwar toll aus, aber genutzt wird sie kaum, da sie weder sehr bequem noch gemütlich ist. Trotzdem mag ich die Halle. Lustig zu beobachten: Die indischen Gäste setzen sich immer neben die bunten Sitzkissen, um ja nichts schmutzig zu machen.

Ich verbrachte einen Tag in Varkala und hatte einen Termin mit der Schwiegermutter vom Hauseigentümer der Villa Deepam. Mir ihr und ihrem kürzlich verstorbenen Ehemann hatten wir damals den Mietvertrag unterschrieben. Ich wollte nochmals einen Versuch starten, das Haus endlich loszuwerden, aber natürlich nur, wenn ich das Depot und was sonst noch ansteht, cash auf die Hand bekomme. Am Schluss war ich aber kaum weiter und ich werde nicht drum herum kommen, bis zum Ablauf des Mietvertrages (Ende Dezember) die Verantwortung für das Haus zu übernehmen. Das heisst, ich muss einen Watchman einsetzen und bezahlen und natürlich geht auch die Stromrechnung noch zu meinen Lasten. Aber es wäre zu riskant, die Schlüssel aus der Hand zu geben, ohne das Geld im Gegenzug zu bekommen. So hoffe ich, dass sich wenigstens Ende Jahr alles zum Guten wendet und dann dieses Kapitel endgültig abgehakt werden kann. Danach habe ich im Dorf viele bekannte Gesichter getroffen und alle bedauerten es, dass wir nicht mehr da sind. Es war richtig schön und ich habe den Tag trotz dem „Misserfolg“ genossen. Ja, hier haben wir herrliche 10 Jahre verbracht, hier waren wir zu Hause gewesen, fühlten uns wohl und gehörten dazu. Doch das ist jetzt vorbei, Varkala gehört zu einem früheren Lebensabschnitt und jetzt sind wir glücklich am neuen Ort, wo wir uns auch schon gut integriert haben und ich möchte auch gar nicht mehr zurück. So wie es jetzt ist, stimmts für uns alle.

Nach all den schweren Monaten, riet mir Dr. Gopika dringend zu einer 7-tägigen Ayurvedakur im Geethanjali. Ich freute mich sehr darauf und auch ich fühlte mich reif für eine Auszeit und wollte endlich mal wieder etwas für mich und meinen Körper tun. Mich verwöhnen lassen, warme Ölmassagen geniessen, Yoga und Meditation 2x täglich, gesunde vegetarische Kost und dazu viel, viel Ruhe. Das hörte sich gut an und ich konnte es kaum mehr erwarten. Für den Start der Kur hat sich Dr. Gopika ein ganz besonderes Datum ausgedacht. Der 17. Juli. Das ist der Beginn des letzten Malayalam Monats des Jahres und dieser Monat steht immer unter dem Thema „Ayurveda“. Früher haben sich die Leute während diesem Monat vegetarisch ernährt, der Körper wurde mit Massagen und Medizin gereinigt und dazu gehörte auch Yoga und Meditation um Körper, Geist und Seele wieder in Einklang zu bringen. Danach war man gestärkt für das neue Jahr. Ein schöner Brauch, wenn ein Monat im Jahr dazu benutzt wird, zu seiner Gesundheit zu schauen. Deshalb wollte Dr. Gopika, dass ich an „Karikadakom“ beginne und die Kur musste vor „Vavu-Beli“ ( 24. Juli - Totengedenktag) fertig sein. Auch das passte wunderbar. Ich liess mich von Shibu am Montag in der Früh die kurze Strecke zum Geethanjali hinüber fahren, ich bezog ein Gästezimmer und fühlte mich gleich weit weg von all den Alltagssorgen. Während 7 Tagen wurde ich verwöhnt, aufgepäppelt, verhätschelt und ich musste mich um nichts kümmern. Es war wunderbar und ich kostete jeden Tag voll aus. Die ersten Tage war ich alleine, danach kamen zwei nette Damen aus Österreich und wir waren eine tolle Runde.

Während diesen Tagen hoffte ich, auch endlich einmal um Hans trauern zu können. Ich war viel bei ihm im Herbalgarden drüben, doch ich musste akzeptieren, dass man nicht auf Knopfdruck trauern kann. Es kamen weder Tränen, noch spürte ich seine Nähe. Keine Emotionen, nichts. Dabei hätte ich jetzt so schön Zeit gehabt und ich hatte mir gewünscht, meine Trauer verarbeiten zu können. Dr. Gopika hat noch so viele schöne Erinnerungen an die letzte Begegnung mit Hans, von denen er noch lange zehren kann. Sie führten ein tiefes und vertrauliches Gespräch beim Herbalgarden drüben, wo Hans später verbrannt wurde, obwohl das sonst überhaupt nicht der Platz war, wo sie sich aussprachen. Es hat sich einfach so ergeben und Hans gab Dr. Gopika ein paar Ratschläge mit auf den Lebensweg. Dieses letzte Treffen war etwas ganz Besonderes. Und ich? Ich habe absolut nichts! Dabei habe ich noch 1 ½ Stunden bevor Hans verstarb, mit ihm gesprochen, als er um 04.00 Uhr nicht schlafen konnte und danach ins Büro ging. Das Gespräch war völlig banal und mir fehlt etwas, woran ich mich festhalten könnte. Das letzte Zusammensein, eine letzte Umarmung, ein Kuss, ein paar Worte, etwas, das nur für mich bestimmt gewesen wäre.

Trotzdem fühlte ich mich am Ende der Woche wieder absolut fit und gesund, ich strotzte vor Energie und hätte Bäume ausreissen können. Jetzt bin ich wieder gewappnet für die kommenden Monate – was auch immer kommen mag, ich bin bereit!

Kaum war die Kur zu Ende, war Vavu-Beli, der Totengedenktag. Tausende und Abertausende von Männern (nur wenige Frauen) machten ihre Poojas im Gedenken an ihre verstorbenen Väter. Die Papanasam Beach in Varkala ist dafür ein ganz bekannter Ort und ich bin sonst auch immer mit Savitha morgens um 06.00 Uhr zum Strand gegangen, um dem Gewimmel zuzuschauen. Wer hätte gedacht, dass wir dieses Jahr die Pooja für Papa machen würden? Da wir am gleichen Morgen noch einen Gast aus Deutschland erwarteten, entschieden Dr. Gopika und ich, anstatt in Varkala, an der Shankhamukham Beach in der Nähe des Flughafens, die Gebetszeremonie zu machen. Wir hatten uns bereits am Vortag mit spezieller vegetarischer Kost auf den heutigen Tag vorbereitet. Wir fanden in dem riesigen Getümmel auf Anhieb einen freien Priester und wir knieten uns auf eine blaue Plastikplane, die auf dem Sand ausgebreitet war. Sofort füllten sich die Reihen hinter den vorbereiteten kleinen Bananenblättern und wir folgten den Anweisungen des Priesters, der seine Mantras sang. Während wir in Gedanken bei Hans waren, hat uns der Helfer abwechslungsweise Reiskörner, heiliges Wasser und Blumenblüten in die rechte Hand gegeben. Nach Hindu-Riten wurden die Opfergaben über dem Kopf im Uhrzeigersinn 3 mal gekreist und dann auf das Bananenblatt vor uns abgeschüttelt. Am Schluss haben wir das Blättchen zusammen gefaltet und auf dem Kopf zum Meer getragen, wo wir es kopfüber nach hinten dem Meer übergaben. Wir standen umzingelt von Leuten und da war weit und breit kein Wasser. Wir standen aber bereits mit dem Rücken zum Meer und kaum liess ich meine Opfergaben fallen, erfasste uns schon die erste Welle. Die zweite kam dann so schnell und überraschend, dass wir bis zu den Hüften im Wasser standen und wir hätten fast das Gleichgewicht verloren. Das Meer war dermassen aufgewühlt, dass weite Strandabschnitte abgesperrt werden mussten. Der jetzige Strand liegt 3 Meter liefer als normal. Das hat es noch nie gegeben! Immer während dem Monsun trägt das Meer den Sand ab und bringt ihn im November wieder zurück. Aber so viel – das ist mehr als aussergewöhnlich!

Am Freitag, 28. Juli, war nochmals ein sehr spezieller Tag. Am Morgen durfte ich mit Geetha und den drei Gästen vom Geethanjali an einer Veranstaltung in Savithas Schule teilnehmen. Davor besichtigten wir den Kindergarten und die kleinen Knirpse sangen in ihren Uniformen auf den hellblauen Holzbänkchen und hinter den rosa Tischchen „Twinkle, twinkle, little star“. Das war herzig. Wie im letzten Jahr wurden wir in der Aula mit viel Applaus empfangen und Savitha stellte sich extra neben den roten Teppich, damit ich sie auch ja nicht verpasse. Sie hatte bereits ihre ganze Klasse informiert, dass Mama als Ehrengast kommt. Das Geethanjali hatte schon im letzten Jahr das Jahresabonnement für „The Pioneer“ gesponsert. Das ist die älteste englisch geschriebene Zeitung in Indien. Und zur heutigen Feier wurde das Abi wieder um ein Jahr verlängert. Das Deepam wurde angezündet, ein paar Ansprachen gehalten, die erste Ausgabe des „Pioneer“ offiziell übergeben und zum Gedenken an Hans, der im letzten Jahr eine tolle Rede an die Kinder richtete, wurde gemeinsam ein Gebet gesungen. Danach wurden wir wieder die Popstars verabschiedet und alle freuten sich – nicht nur die Kinder – auch wir! Unsere Gäste waren völlig überwältigt. So etwas hatten sie in ihrer ganzen Lehrer-Karriere noch nicht erlebt!

Und am gleichen Abend gab Julian, der Piano-Wunderknabe, ein Konzert zum Gedenken von Hans. Wir kennen Julian nun schon seit 7 Jahren und seit April besucht er eine Musikschule in Manchester, U.K. Das ist für ihn natürich DIE Chance seines Lebens. Im Moment hat er Sommerferien und kam deshalb nach Hause. Schon im Febraur hat mir sein Vater Willy versprochen, dass das erste Konzert Hans gewidmet werde. Das hat mich natürlich sehr gerührt und gefreut. Der Konzertsaal war noch nie so voll und Julian überraschte uns mit seinem virutosen Spiel auf den Tasten. Unglaublich, wie er sich wieder verbessert hat, seit er in England ist. Die ungarische Rhapsodie von Franz Liszt hatte ich mir für Hans gewünscht – sie war absolut überwältigend. Auch unsere Gäste waren beeindruckt von seinem aussergewöhnlichen Talent. Hans hat das Konzert sicher auch sehr gefallen und hier spürte ich endlich seine Nähe und dass er unter uns war. Den Abend liesen wir bei einem schönen Nachtessen ausklingen.

Ein wunderschöner Monatsabschluss und wenn ich zurück schaue, hat es nebst Fussball viel anderes gegeben. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sich unser Leben in Zukunft in ruhigeren Bahnen fortsetzen wird und dass wir wegen dem Trauerjahr und dem Umzug vielleicht gesellschaftlich „verloren“ gehen. Doch dem ist überhaupt nicht so und ich freue mich, dass wir immer noch omni präsent sind. Wir haben immer volles Programm, die Agenda ist voll und ich finde das herrlich. So soll es sein! Wie früher mit Hans.

Liebe Grüsse in den ungwöhnlich heissen und schon fast tropischen Sommer in Europa.

Yvonne und Savitha