September 2006
Endlich nahte Onam, das Erntedankfest! Wie hatten wir uns alle darauf gefreut – ich glaube noch nie so fest wie in diesem Jahr! Doch dann kam alles etwas anders...
Nach den grossen Prüfungen freuten sich alle Schüler auf die wohlverdienten Ferien. Am Samstag, 2. September, lud ich einige Kinder aus der Nachbarschaft ein und organisierte eine kleine Kinderparty. Savitha spielte mit den grösseren und ich kümmerte mich um die kleinen Knöpfe und spielte mit ihnen „Memory“ und „Leiterlispiel“. Alle freuten sich und das Haus war erfüllt mit Kinderlachen. Es ging laut und fröhlich zu und her und Valsala verwöhnte uns mit Fruchtsäften und Snacks. Die Zeit verging im Nu und alle genossen den Nachmittag bei „Mama“ so sehr, dass sie am nächsten Tag gleich wieder kommen wollten...
Am gleichen Abend beobachteten wir unsere hochschwangere Bina und wir waren sicher, dass sie nun bald gebären wird. 62 Tage dauert eine Schwangerschaft bei Hunden und heute war der Termin. Am nächsten Morgen, es war Sonntag, fuhren Savitha und ich schon früh ins Geethanjali. Bina wartete offensichtlich, bis Ruhe einkehrte und gab dann nicht locker, bis Valsala sich mit der Sonntagszeitung zu ihr ins Hundehaus setzte. Kaum war alles so, wie sie es sich vorstelle, als es auch schon los ging. Im Abstand von 10 Minuten flutschte eines nach dem anderen heraus. Das erste Baby war schwarz, dann ein weisses, ein braunes und eines in einem undefinierbaren braun/schwarz/grau/weiss. Bina schleckte die 4 Welpen sauber und die begannen sofort Milch zu saugen. Valsala kam dadurch sogar zu spät in die Kirche und bis Savitha und ich am Mittag zurück waren, lag Bina bereis als stolze Mutter mitten in ihrer Kinderschar. Sie war noch sehr müde, erholte sich aber rasch und freute sich über ihren Nachwuchs. Die Jungen gedeihen prächtig. Bis Mitte Oktober behalten wir sie noch, danach wird entschieden, wohin jedes kommt. Wir haben bereits eine lange Warteliste und wir können leider nicht alle berücksichtigen. Aber wir werden für jedes ein gutes Plätzchen finden.
Nach der grossen Aufregung wegen Bina, war ich am Abend mit Corina unterwegs. Wir wollten uns die offizielle Eröffnungsfeier der Onam-Festtage nicht entgehen lassen und obwohl wir keine Tickets hatten, winkten uns die netten Polizisten durch und wir fanden gute Plätze auf der VIP Tribüne im grossen Stadion mitten in Trivandrum. Der Abend war fantastisch und trotz der etwas handgestrickten Choreografie war das Gesamtbild wirklich gelungen. Alles, was Kerala kulturell zu bieten hat, wurde gezeigt. Von Kathakali-Figuren über den typischen Frauentanz an Onam, den „Thiruvadira“, andere bedeutende Tanzformen, alles, was bei Tempelumzügen zu sehen ist bis zu Kalari-Payattu-Kämpfer und sogar ein kleines „Pooram“ mit 21 geschmückten Elefanten. Und zum Abschluss ein grandioses Feuerwerk. Das war eine schöne Einstimmung gewesen für die kommenden 5 Onam-Tage. Als wir uns nach der Feier die Elefanten aus der Nähe ansehen wollten, stand plötzlich ein Kameramann mit einem Moderator eines TV-Senders neben mir und man hielt mir das Mikrofon vor die Nase. Da weit und breit kein Hans war, den ich hätte vorschieben können, musste ich halt Red und Antwort stehen.
Der 1. Onamtag war für mich kein Feiertag. Nach mühsamen und zermürbenden zwei Wochen ohne PC, hatte sich so viel angesammelt, dass ich den ganzen Tag vor dem Bildschirm verbrachte. Im späteren Nachmittag wurde ich gezwungen, die Kiste abzustellen, denn ich hatte plötzlich Fieber. Kein Problem – schnell eine Pille, früh ins Bett und bis morgen ist alles wieder okay. Ich will ja schliesslich nicht krank werden! Doch am nächsten Tag ging es mir wirklich schlecht. Dabei war heute „Thiruvonam“, der höchste Onam-Feiertag! Und ich lag im Bett. Mit Ach und Krach schleppte ich mich am Mittag zu Gopikas, da wir bei ihnen zum traditionellen Onam-Festessen, dem „Sadhya“ eingeladen waren. Aber ich konnte die feinen Sachen auf dem Bananenblatt kaum geniessen und hatte sicherheitshalber auch gleich meine Reisetasche mitgenommen, falls mich Dr. Gopika behalten wollte. Und er wollte! Ab ins Bett im Gästehaus! Ich glühte, fror gleichzeitig, hatte Durchfall, Kopfschmerzen und fühlte mich völlig kraftlos und elend. Ein doofer Viruskäfer hatte mich in Beschlag genommen. Mit bitterer Medizin machten wir ihm den garaus und nach 4 Tagen war das Fieber weg und alle anderen Symptome auch. Ich wurde verwöhnt, schlief viel und langsam wurde ich wieder aufgepäppelt. Praktisch, wenn man einen Arzt in der „Familie“ hat. Bis am 8. September war mehr oder weniger alles überstanden. Ich fühlte mich wieder gut, wenn auch noch etwas schwach.
Deshalb ging Onam völlig an mir vorbei. Dabei hatten wir so viele Einladungen von Nachbarn bekommen, die ich gerne eingehalten hätte. Die ganze Woche war verplant gewesen und ich wollte in diesem Jahr so richtig traditionell feiern! Aber ich habe mich ergeben, war eine brave Patientin und während ich mich schonte, genossen wenigstens Valsala und Savitha die Festtage. Sie waren immer beim Tempel drüben, wo jeden Tag Spiele veranstaltet wurden und bis spät abends wurden die Leute unterhalten. Savitha gewann mit den verheirateten Frauen beim Seilziehen gegen die unverheiratete Gruppe, wo Valsala dabei war, dafür flog sie beim „music chair“ bereits in der ersten Runde aus dem Rennen. Beim Sackhüpfen hingegen war sie wieder vorne dabei und beide zeigten mir jeweils stolz ihre gewonnen Preise. Doch am letzten Abend wollte auch ich dabei sein, als Savitha mit ihren beiden Freundinnen, Susmi und Jasmi, ihren Disco-Dance auf der Tempelbühne vorführten. Sie hatten in den Tagen davor intensiv geübt und für den grossen Auftritt zwängten sie sich in enge Jeans, dazu trugen sie bunte Tops und mit dem bühnenmässigen Make-up sahen sie gleich 10 Jahre älter aus. Ich hatte Corina und Sibyl dabei vom Geethanjali und vor dem Auftritt waren wir noch im Tempel, bestaunten das wunderschöne „Attam“ (traditionelles Blumenarrangement zu Onam) und erlebten sogar, wie der Priester die Pongala-Götterspeisen segnete, welche die Frauen aus der Nachbarschaft vor dem Tempel gekocht hatten. Die Tanzvorführung war den drei Mädchen wirklich gelungen und wir klatschten im Rhythmus der Melodie (ist gerade DER Hit unter den Malayalam-Filmen), fotografierten und applaudierten. Mit dem Tanz ging auch Onam zu Ende und mir ging es langsam wieder besser. Während all den Tagen und Nächten wurden wir voll zugedröhnt mit Musik und so waren wir alle froh, als es wieder ruhiger wurde und sich der Alltag einpendelte.
Kaum war ich wieder einigermassen auf den Beinen, war die Agenda schon wieder voll mit Terminen. Ich besuchte die jährliche Generalversammlung der Aktionäre vom KIMS-Hospital mit anschliessendem Dinner und wir holten die verpassten Onam-Einladungen und Gegeneinladungen nach. Einmal waren wir zum Lunch beim Hauseigentümer eingeladen, wo ich zum Abschied ein Geschenk bekam. Ich dachte, es sei ein verspäteter Onam-Sari und freute mich sehr darüber. Doch dann wars ein „güldener“ Plastik-4-Mast-Segler mit einem pinkigen Plastiklampenschirm und im Bug war eine Uhr eingelassen. Oje, muss ich jetzt das „gute Stück“ wirklich aufstellen – nur damit alle glücklich sind??? Ich entschied mich dagegen. Da hatte ich in Varkala dermassen rigoros aufgeräumt und ich will jetzt einfach nicht mehr so viel Kitsch und Schnickschnack aufstellen. Deshalb verschenke ich den chinesischen Plastikkram grosszügig, damit er andere Wohnzimmer dekoriert.
Da ich über die Festtage ans Bett gefesselt war, war ich doppelt froh, dass ich alles für die Foundation schon vor Onam in die Wege geleitet hatte. Ich wollte zwar die eine oder andere Familie gerne persönlich besuchen und die Sachen überbringen, aber ich war dann froh, dass Gopikas alles verteilt haben und in Varkala hat Valsala zwei Familien in meinem Namen besucht. Sie freuten sich über die Kleider, Lebensmittel wie Öl, Reis, Linsen, Zucker und auch Brennholz haben wir in Bündeln verschenkt. So sind doch alle zu ihren Onam-Geschenken gekommen und es herrschte grosse Freude bei den Familien. Herzlichen Dank an alle, die sich daran beteiligt haben!!!
Ein sehr spezielles Erlebnis war der Besuch mit Gopikas beim Astrologen. Sie kennen einen alten Mann aus einer Astrologen-Kaste, wie sie kaum mehr existieren und ziehen ihn zu Rate bei persönlichen Problemen. Sein Konsultationszimmerchen war so klein, dass die 4 Besucherstühle nebst dem kleinen Tisch, seinem Stuhl und dem Büchergestell kaum Platz hatten. Die Stahltablare bogen sich unter der Last der zerfledderten und vergilbten Büchern ohne Einbände und der Rost bröckelte überall ab. Ohne grosse Begrüssung nahm er kommentarlos sein Säcklein mit den vielen kleinen Muscheln, leerte alles aufs Pult und stellte eine kleine Gottheit aus Messing vor sich hin, verneigte sich und murmelte ein Mantra. 6 grössere Muscheln legte er in einer Reihe vor sich hin, darunter eine Reihe mit 9 kleinen Muscheln, 3 braune Muscheln wurden zur Seite gelegt und die übrigen (sicher an die 50) verschwanden unter seiner rechten Hand. Während er wieder Mantras murmelte, mischte er die Muscheln unter der Hand untereinander. Am Schluss teilte er den Haufen und mit etwa 20 „arbeitete“ er. Das tönt jetzt nach Hokuspokus, aber Astrologie ist eine fundierte Wissenschaft und er hatte schon davor aufgrund meiner Geburtsdaten (Zeit und Ort), die Planetenkonstellation ausgerechnet, unter welchem Einfluss welches Haus steht und den Raster aufgezeichnet. Ich kenne mich da zu wenig aus, um das zu beschreiben. Was er aus den Muscheln „sieht“, sollte sich mit den berechneten Voraussagen decken und dienen zum Teil zur Interpretation. Danach erzählte er mir, was ich unter meinem Malayalam-Stern in der Zukunft zu erwarten habe und ich durfte auch Fragen stellen. Es war sehr interessant, auch wenn er nicht alles so sah, wie ich es mir wünsche. Ich sehe es als möglichen Weg, werde aber meinen eigenen Weg einschlagen. Zudem ist es ein indisches Horoskop und das deckt sich nicht immer mit unserem westlichen Denken. Auch für Savitha liessen wir die Muscheln „sprechen“.
Kulturell wurde auch nach Onam einiges geboten und ich besuchte mit Sibyl eine sehr schöne Puppetshow in Trivandrum. Während der Himmel wieder einmal mehr die Schleusen öffnete, genossen wir im Auditorium eine wunderschöne poetische Geschichte, die erzählt wurde. Dazu wurden verschiedene Techniken eingesetzt – Schattenpuppen, Tänzer mit Masken und richtig grosse Puppen, die mit Stäben bewegt wurden. Der Aufwand dafür war riesig, die Bühnendekoration wechselte immer wieder und die Choreografie und die Musik waren absolut genial und passend zu jeder Szene.
Übrigens hatte uns der Regen völlig ungewohnt auch noch im September voll im Griff. Über Onam zum Teil, danach und wegen einem Tief im Bay of Bengal auch noch Ende Monat. Es goss und goss und goss und immer wieder waren ganze Viertel in Trivandrum unter Wasser, die Strasse zu uns und ins Geethanjali gleichen jeweils einem riesigen See und für Savitha wars oft abenteuerlich, mit dem Fahrrad zum Nachhilfeunterricht zu fahren.
Ich war wieder als Shopping- und Tour-Guide unterwegs und begleitete die Gäste in die Stadt oder nach Varkala, wo ich ihnen meine alte Heimat zeigte. Wir spazierten den Klippen entlang, waren an der Beach und im Dorf. Es ist immer wieder schön, für einen Abstecher nach Varkala zu fahren. Daneben war ich auch mit Sibyl in Neyar-Dam, dem „Hausberg“ von Trivandrum, wo wir eine Führung durch den Sivananda-Ashram bekamen, wir genossen die Stille am Stausee und ein kleiner Spaziergang über den Damm durfte auch nicht fehlen. Hier oben ist es herrlich ruhig, dazu die üppige Natur, frische Luft und von der Stadt aus benötigt man kaum mehr als eine halbe Stunde, um das Erholungsgebiet zu erreichen.
Nebst all dem Trubel im September, war aber sicher der 20. September DAS Highlight des Monats. Dr. Gopika, Geetha und ich wurden in den Amma-Ashram bei Quilon zu einer „Dharshan“ (Audienz) eingeladen. Wir besichtigten den Ashram bereits im Juli und bis zu ihrem Geburtstag am 27. September weilte Amma an ihrem Geburtsort und erteilte jeden Tag ihren Segen, indem sie die Leute umarmte. Man spricht ihr heilende Kräfte zu, die sie bereits als Kind hatte und sie tut sehr viel Gutes für die Armen. Sie baute Schulen, Spitäler, Häuser und sie liess nach schweren Erdbeben und nach dem Tsunami ganze Dörfer aufbauen. Deshalb waren wir sehr gespannt, was uns erwartet. Der grosse, bunt bemalte Saal war proppenvoll, die Seitengänge verstopft und auch die Galerie war voll gestellt mit Stühlen und viele Leute mussten sogar stehend ausharren. Die vielen Amma-Anhänger aus dem Ausland – alle in Einheitsweiss gekleidet – kümmerten sich um den reibungslosen Ablauf. Um mich von den bleichgesichtigen, leicht kränklich aussehenden Frauen aus dem Westen abzuheben, trug auch ich einen bunten Sari, wie Geetha. Im grossen Pulk der farbig gewandeten Inder fiel ich deshalb gar nicht mehr auf. Um 10.00 Uhr waren wir da und mussten bereits in der hinteren Hälfte des Saales Platz nehmen. Eine Stunde später wurden auf der Bühne die geschnitzten Holzschiebetüren geöffnet und Amma sass auf einem weissen „Thron“. Der lange Reigen der Umarmungen konnte beginnen. Wir warteten und warteten und mit unseren Token Nr. C3 wären wir wahrscheinlich erst gegen 16.00 Uhr oder noch später dran gekommen. Aber Dank der Schusseligkeit von Dr. Gopika, der seinen Token verlor und dann „thanks God“ 4 Priority-Eintrittskarten für uns bekam, kamen wir um 14.00 Uhr an die Reihe. Sie hat wirklich eine spezielle Ausstrahlung, auch wenn ich kein heisser Anhänger von ihr bin. Aber sie hat etwas, das andere nicht haben und ihre positive Energie ist spürbar. Dr. Gopika kam als erster an die Reihe, danach kniete Geetha sich hin. Ich gab meine Brille ab und den Schirm, so dass ich nur noch die Früchteschale mit den Bonbons als Opfergaben in den Händen hielt. Auch ich kniete mich hin und schloss nach Geetha auf. Das Herz klopfte mir bis zum Hals und mir kamen fast die Tränen, was wohl der Aufregung und der Ausstrahlung zuzuschreiben war. Es war einfach unglaublich. Ich gab die Schale ab und schon hatte mich Amma umarmt und drückte mich an ihren weichen Busen. Während sie mir „Ohm-Ohm-Ohm-Ohm“ ins Ohr sagte, wünschte ich mir für Savitha eine gute Zukunft. Ja, so war es gut! Das wars auch schon gewesen und man half mir beim Aufstehen. Ich nahm völlig verwirrt meine Brille entgegen, den Schirm und jemand drückte mir die gesegneten Bonbons in die Hand und schon wurde ich zur Frauenseite hinüber gebeten. Eine von den Weissgekleideten bat mich, auf der Bühne hinter Amma Platz zu nehmen, um noch ein bisschen von ihrer Aura was abzubekommen. Ich sass wie die anderen im Schneidersitz und es war einfach schön. Ich kann es auch nicht richtig beschreiben, aber das war nicht nur ein Abenteuer für den Newsletter. Das ging wirklich tiefer und ich war sehr ergriffen. Ich war richtig dankbar, dass ich hier noch etwas sitzen durfte, um die Gedanken zu ordnen.
Doch der Monat war noch nicht zu Ende und Sibyl und ich fuhren an einem frühen Morgen zum Kalari-Payattu-Training (Kampfsportart) nach Trivandurm, welches immer fürs Publikum frei zugänglich ist. Wir sassen auf der Galerie, die gleichzeitig als Umkleideraum diente und es war fast etwas peinlich, wie sich die Männer hinter uns umzogen, sich ihre Baumwolltücher kunstvoll zu kleinen Höschen um die Lenden banden und sich dann für das Training kräftig einölten. Jeder hat sich beim Eintreten über die Schwelle verneigt – wie beim Tempel - und machte eine kleine Pooja vor einer Gottheit in einer Ecke. Der Raum war nur beleuchtet von ein paar brennenden Öllämpchen und die Studenten haben sich aus Respekt vor allen Götterbildern, den Kalari-Schul-Vorvätern und den Waffen verneigt. Bevor das eigentliche Training begann, turnten sich alle ein und bis es los ging, standen alle schon im Schweisse ihres Angesichts. Der Lehrer unterrichtete 7 Schüler im Alter zwischen 10 und 35 Jahren. Nich alle waren auf dem gleichen Niveau und deshalb wars noch viel interessanter zu sehen, wie sie ihre Übungen absolvierten. Das Training bestand aus Schrittkombinationen, die eine absolute Körperbeherrschung verlangten. Wahnsinnig! Ist ein bisschen wie Karate-Training, Kung-Fu, Tai-Chi oder wie diese fernöstlichen Kampfsportarten alle heissen. Die braunen Körper glänzten im Öl und bald rann der Schweiss in Strömen. Jede Bewegung war eine Anstrengung und in dem Raum war eine geballte Manneskraft. Als Kontrast dazu der alte Raum, der viel Ruhe ausstrahlte. Sichtbacksteine mit Öffnungen in den Wänden, so dass die Luft zirkulieren kann und keine Ventilatoren gebraucht werden, das Licht dringt herein, blendet aber nicht. Es war wirklich toll dieses Training zu erleben und am Schluss wurde wahrscheinlich speziell für uns eine kleine Einlage gezeigt, als zwei Studenten mit Stöcken gegeneinander „kämpften“. Die hätten sich umbringen können. Man sieht hier leider nur noch sehr selten Kalari-Vorführungen und auch ich habe in den 10 Jahren nur eine Vorführung erlebt.
Ich hatte über diese Tage so viel mit den Gästen unternommen und viel Zeit mit ihnen verbracht, so dass auch Savitha und Valsala nicht zu kurz kommen sollten. Über Onam war geplant gewesen, dass wir einen Ausflug an die nahe Beach machen mit Salina und ihren Mädchen. Auch wenn Onam bereits hinter uns lag, waren alle begeistert und während die Sonne als roter Feuerball im Meer versank, spazierten wir dem Strand entlang, spielten Fangis, suchten nach Muscheln und am Schluss liessen wir uns zu sechst (typisch indisch!) in einer Rikscha zu einem Restaurant fahren, wo es für alle Chicken-Curry und Bharotha-Fladenbrote gab mit Eis zum Dessert. Das war toll gewesen!
Am nächsten Tag begann der diesjährige Ramadan und Salina stand mit ihrer Familie um 03.00 Uhr auf, um den Fastenmonat traditionell mit dem Teilen der Datteln zu beginnen, bevor der Muezzin von der Moschee zum Morgengebet rief. Die nächsten 30 Tage wird nur noch vor dem Sonnenaufgang und nach dem Sonnenuntergang gegessen. Tagsüber gibt es nichts – nichts zu Essen und nichts zu Trinken. Auch nicht während der Schule. Ausgenommen sind Kranke und Alte. Dafür gibts dann am Ende des Ramadans ein grosses Fest! Da wäre ich auch gerne mal dabei, wenn sich die ganze Verwandtschaft von Salina zum Festessen trifft und alle auf einem grossen Teppich am Boden schlemmen!
Obwohl wir Onam nicht so feiern konnten, wie wir es uns vorgestellt hatten, war doch sehr viel los gewesen und wir haben wieder viel Spannendes erlebt. Am 26. Oktober kommt mein Mami zu Besuch und wir freuen uns schon heute, ihr unser kleines Reich zu zeigen, unser Quarter, sie mit Gopikas bekannt zu machen, ihr Varkala zu zeigen, wo sie uns vor 9 Jahren das letzte Mal besuchte und sie an unserem indischen Alltag teilhaben zu lassen.
Bis zum nächsten Newsletter lassen wir alle herzlich grüssen.
Yvonne, Savitha und Valsala
mit Bina und ihren 4 Babies
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